Mitmachen bei „Stück für Stück“: Jetzt eigene Erinnerungsstücke anmelden
Mitmachen bei „Stück für Stück“: Jetzt eigene Erinnerungsstücke anmelden

Mitmachen bei „Stück für Stück“: Jetzt eigene Erinnerungsstücke anmelden

Kunst und Krempel trifft Stadtgeschichte: In einer alten Schublade oder auf dem Dachboden können sich wertvolle Erinnerungen an die jüngere Stadtgeschichte verbergen. „Stück für Stück“ ruft Marburger*innen dazu auf, nach Fundstücken zu suchen und sie schon Mitte November vorzustellen.

(Foto: Schollmeyer)

(PM) Marburg. „Kunst & Krempel“ trifft auf Stadtgeschichte: Die Universitätsstadt ruft Menschen aus Marburg ab sofort zum Mitmachen beim neuen Format „Stück für Stück. Marburgs Geschichte der Zukunft gemeinsam erzählen“ auf. Ob Demoplakate, Videokassetten oder eine Badekappe aus dem abgerissenen Luisabad – alles, was in der Zukunft an das Marburg von heute und gestern erinnert, kann ein Teil der künftigen Ausstellung werden.

Los geht das ungewöhnliche Projekt zur Marburger Stadtgeschichte passend zu allen drei Jubiläumsschwerpunkten „Marburg erinnern, erleben und erfinden“ ab sofort im Marburg800-Jahr. Die Ausstellung selbst ist für Februar 2023 geplant und soll unter Beteiligung möglichst vieler entstehen, präsentiert werden die Fundstücke aber schon im November.

Kunst und Krempel trifft auf Stadtgeschichte

Wichtig: Wer jetzt auf dem Dachboden oder in Schubladen nach dem passenden Erinnerungsstück sucht, das für Marburg steht, sollte sich damit gleich unter kultur@marburg-stadt.de bewerben, um dabei zu sein. Zur Präsentation der Sammelaktion von Erinnerungsstücken sind für Samstag, 19. November, von 12 bis 18.30 Uhr nach Voranmeldung alle ins Rathaus eingeladen, in deren Dachböden, Kellern oder Taschen Dinge schlummern, die für die jüngste vergangene Marburger Geschichte stehen.

Dort stellen die Besitzer*innen ihre Alltagsgegenstände auf einer kleinen Bühne im Gespräch bei laufender Kamera vor und schildern, warum sie für die Stadtgeschichte wichtig sind: Für „Rares“ gibt es dann zwar nicht „Bares“, aber stattdessen jede Menge spannende Marburg-Geschichte(n). Wer nicht auf der Bühne stehen mag, kann im Vorfeld seine Erinnerungsstücke mit einem kurzen Text nach Vereinbarung im Fachdienst Kultur der Stadt Marburg abgeben. Zum Zuschauen sind natürlich auch ganz ohne Anmeldung alle Interessierten im Rathaus herzlich willkommen. Der Eintritt ist frei.

Für Ausstellung auf Dachboden forschen

Wie wollen wir erinnern? Was wollen wir erinnern? Wer redet über Geschichte? Und wer wurde bisher nicht gehört? Das sind Themen, die auch in der Stadt Marburg aktuell besprochen werden. „Wir möchten die persönlichen Geschichten möglichst vieler Menschen und ihre Vorstellungen von einem möglichen Marburger Museum hören“, so Oberbürgermeister und Kulturdezernent Dr. Thomas Spies. Im Jahr 2021 gab es einen Stadtverordnetenbeschluss zur Entwicklung eines virtuell-hybriden Museums.

Die Bürger*innen interessieren sich für die Präsentation von Menschen, die in Marburg lebten und wirkten wie die Heilige Elisabeth und Philipp den Großmütigen, aber auch für Alltagsmenschen wie der Dienstmann Christian. Sie wünschen sich eine Darstellung von Herrschafts- und von Stadtgeschichte, aber auch die Aufarbeitung von Unrechtstaten, an denen Marburger*innen beteiligt waren, wie die Mechterstädter Morde oder die Reflexion aktueller regionaler Vorkommnisse wie das Gedenken an die Opfer des Anschlags von Hanau 2019, so der Ausgangspunkt von „Stück für Stück“.

Somit versteht sich die digitale und analoge Schau „Stück für Stück“ wie zuvor die Präsentation der „Stadtgeschichte*n“ als ein Beitrag zum Nachdenken auf dem Weg zu einem Stadtmuseum. Hervor geht die Ausstellung aus einem Studienprojekt an der Europa-Universität Viadrina (Frankfurt/Oder). Lisa Bingenheimer (Landesamt für Denkmalpflege Hessen), Julia Brandt (Landesamt für Denkmalpflege Bayern) und Ruth Fischer, Marburgs Fachdienstleiterin für Kultur, realisieren das Projekt gemeinsam im Rahmen des berufsbegleitenden Masterstudienganges „Schutz Europäischer Kulturgüter“. Sie bringen dank ihrer beruflichen Hintergründe vielfältige Perspektiven von der Literaturgeschichte über die Kulturvermittlung und Restauration bis zum Kulturrecht ein.

Beteiligung gehört dabei zu den Kernthemen des Projektes. Wie kann Stadtgeschichte von und für Menschen möglichst vieler sozialer Gruppen interessant erzählt und zugleich professionell ausgestellt werden kann, so lautet die Frage für das Forschungsprojekt, von dem Marburg profitieren soll. 

Dabei soll möglichst keine Stimme überhört, keine Stolperfalle übersehen werden, erklärt das Trio. Aus diesem Grund sieht das Projekt vor, die Ausstellungsobjekte gemeinsam mit einem gemischten Kuratorium auszuwählen, das Expert*innen und Laien umfasst. Zuvor ist ein Workshop zum professionellen Kuratieren geplant, um neben der Beteiligung auch die wissenschaftliche Qualität der Ausstellung zu gewährleisten.

Am 19. November Funde zeigen: Was gehört ins Museum von morgen?

Zunächst einmal wird jedoch die gesamte Stadtgesellschaft dazu aufgerufen, auf dem Dachboden, in Kellern, Schubladen, Schrankfächern, Taschen und Rücksäcken nach Erinnerungsstücken zu suchen, die ihrer Meinung nach in ein Museum von morgen gehören. Welche Dinge stehen beispielhaft für die Marburger Stadt- und Regionalgeschichte? Welches Ereignis und welche Zeugnisse der jüngsten Vergangenheit dürfen keinesfalls fehlen? Sind es vhs-Kassetten vom Städteturnier „Spiel ohne Grenzen“, als das Marburg-Team 1973 unerwartet bis ins Finale kam, oder Zeugnisse von der Stadterweiterung in den 60er- und 70er-Jahren?

Es könnten aber auch Gegenstände neueren Datums sein: ein Handy oder Ausweisdokumente eines jüngst nach Marburg Zugewanderten etwa, ein Plakat zur 24-Stunden-Mahnwache von Fridays for Future, oder einfach Alltagsgegenstände wie ein Spielzeug, das über die Coronazeit hinweggeholfen hat. Der Erinnerung sind keine Grenzen gesetzt.

Damit sich eine breite Öffentlichkeit angesprochen fühlt, soll die Ausstellung mitten in der Stadt im Rathaus am Markt zu sehen sein. Eine digitale Version wird es ermöglichen, die Geschichte auch von zu Hause aus zu genießen und neue Zugänge bieten. Geplant sind außerdem inklusive Elemente wie Audiodeskription und Übersetzungen für Blinde und Gehörlose. Ziel ist eine zeitgemäße Form der Geschichtsvermittlung.

www.marburg800.de